Was funktioniert besser: Lange oder kurze Texte?

„Im Marketing müssen Texte immer kurz sein. Keiner hat Lust, lange Texte zu lesen.”

– selbsternannter Marketer, der nichts verstanden hat (2020)

Wenn ich diesen Satz höre, fängt meine Hand stark an zu zittern, mein Puls steigt in die Höhe und ich merke, wie sich ein lautes Gebrüll in meinem Hals bildet:

NEIN!!! 

Mit Verlaub: Kein Argument ist dümmer, als das. Und ich möchte erklären, weshalb.

#1:

Nehmen wir an, du verkaufst eine Zahnbürste. Für 2,30€. Muss deine Copy mindestens 20 Seiten lang sein, um deinen Interessenten vom Produkt zu überzeugen?

Natürlich nicht. Denn jeder weiß, was eine Zahnbürste ist. Was sie für einen tut. 

Hier ist es wichtig, kurz und knapp herauszustellen, WARUM deine Zahnbürste anders ist als jeder x-beliebige Mini-Schrubbstock sonst auf dem Markt. 

→ Schnelle Lösung.

Nehmen wir jetzt aber mal an, du verkaufst ein hochpreisiges Coaching im Wert von 6.900€.

Reichen da 2 Seiten, um deinen Interessenten vom Wert des Coachings zu überzeugen?

Kann ja gar nicht! Du musst deinen Leser über viele Touchpoints, mit langer Copy und vielen Argumenten wirklich tiefgreifend von deinem Coaching überzeugen. Er darf keine Restzweifel haben, dass der Wert für ihn um ein Vielfaches höher ist als der Preis.

6.900€ müssen wie ein lächerlich niedriger Preis wirken. 

Soweit, so gut …

Jetzt fragst du dich: Wie lang sollte die Copy denn für mein Produkt sein? 

Antwort: Genau so lang, wie sie sein muss!

Bis dein Leser alle relevanten Informationen hat und alle Bedenken aus dem Weg geräumt sind, um eine fundierte Kaufentscheidung treffen zu können.

Das ist bei manchen Produkten mit 5 Sätzen erledigt – andere benötigen nunmal mindestens 20-30 Seiten.

→ Komplexe Lösung

Also anstatt sich zuerst die Frage zu stellen: „Wie lang muss mein Text sein?”, sollte erstmal die Frage gestellt werden: „Was verkaufe ich? Und wie viele Informationen muss ich geben, damit der Kunde überhaupt eine Kaufentscheidung treffen kann, mit der er sich gut fühlt?”

Faustregel: Je hochpreisiger das Produkt, desto mehr Überzeugungsarbeit muss geleistet werden. Ergo: Mehr Text.

ABER …

Faustregel direkt gebrochen, HA!: Je mehr gute, sinnvolle Überzeugungsarbeit für ein niedrigpreisiges Produkt geleistet wird, desto höher die Conversion.

Erklärung → Umgekehrter Effekt: Wenn du eine lange Seite mit herausragend guter Copy gelesen hast, du so unglaublich vom Wert überzeugt wurdest, dass du jetzt einen Preis im 1.000er-Bereich erwartest … und dann kostet das Produkt nur 39,- € … dann schaltet sich der Kopf schnell aus und sagt: KAUFEN!

Also prüfe, wie viele Argumente du unterbringen musst – bis wirklich jeder Restzweifel bei deinem potenziellen Kunden beseitigt wurde. Daran erstellst du eine Struktur und kannst abschätzen, wie lang dein Text mindestens sein muss.

#2: 

Wieso funktioniert seit Jahrzehnten (und auch zukünftig) Long Copy? 

30 DIN-A4-Seiten lange Klopper, die aber wie verrückt verkaufen?

Weil sie genau die Zielgruppe, die Probleme und Träume der Menschen adressieren. Und wenn es eine Lösung für ihr Problem gibt, sie einen Traumzustand erreichen können – dann lesen sie auch mal gerne eine Stunde oder länger darüber.

Das Thema interessiert sie einfach.

Jetzt sagt der selbsternannte Marketer, der es immer noch nicht verstanden hat wieder: 

„Aber warte mal … die Menschen haben doch noch eine begrenzte Aufmerksamkeitsspanne. Die ist bei so langen Texten doch überschritten!”

Falsch!

Wir Menschen haben EBEN NICHT die berühmte Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfischs.

(Die übrigens bei jedem “Experten” eine andere ist: Mal 3 Millisekunden, dann 10 Sekunden, der andere sagt 4 Sekunden … Weshalb? Weil es niemand so genau weiß – und es nie empirisch zu 100% zufriedenstellend erforscht wurde. Es ist nur eine Random-Zahl, um den Standpunkt klarzumachen. Bleiben wir doch einfach mal dabei: Es ist kurz. Punkt.)

Natürlich müssen wir die Aufmerksamkeit des Interessenten gewinnen – und diese über Seiten lang halten und intensivieren. Genau dazu ist Copy ja gedacht! 

Wenn uns ein Thema wirklich interessiert … dann lesen wir halt so lange, bis wir unser Anliegen gelöst haben, oder wissen, wo und wie wir es gelöst bekommen. 

Ist logisch, oder?

Beispiel:

Stell dir vor, du hättest ein Problem mit deiner Haut. Zu viele Pickel. Jetzt hast du schon x Sachen ausprobiert, x Cremes benutzt und x Artikel und Videos dazu gesehen. Nichts hat geholfen.

Jetzt liest du eine Headline: 
„Nie wieder Angst davor, welches Bild dich im Spiegel erwartet: Ein für alle Mal deine Pickel loswerden und für immer reine Haut – in nur 14 Tagen!”

Aufmerksamkeit? Check. Interesse? Check.Zu schön, um wahr zu sein? Check.Du klickst drauf.

Jetzt kommt eine 30-seitige Sales Page mit allen Informationen:
Wie die Methode funktioniert, weshalb sie so anders ist als alles zuvor, was für Inhaltsstoffe, weshalb es bei jedem klappt, wie du es anwendest, Vorher-Nachher-Effekte, wie auch du das erreichst – einfach alles tutti kompletti drin in der Seite.

Glaubst du nicht, dass du das alles lesen würdest … wenn deine Haut dein größtes Problem wäre? Und du alles darüber erfahren möchtest?
Natürlich liest du das. Und wenn es überzeugend ist – dann wirst du kaufen.

Et violà: Nach 14 Tagen reine Haut!

Dass lange Texte auch bei eingefleischten Online Marketern immer besser funktionieren, zeigt der Trend der letzten Monate:

  • Facebook-, Instagram- oder sonstige Ads werden immer länger. Weil sie einfach besser konvertieren.
  • Lange Artikel performen auf Blogs weit besser als Snippets (hier ist der Beweis)
  • Long Copy funktioniert seit jeher. Was glaubst du, weshalb die erfolgreichsten Marketer der Welt immer ellenlange Verkaufsseiten haben? Doof sind die nicht. Die haben getestet.

Auch aus unserer jahrelangen Erfahrung wissen wir: Lange Texte konvertieren häufig besser. 

Immer? Nein – wie gesagt, es kommt aufs Produkt an. 

Aber wenn lange Copy angebracht ist, dann verwette ich meine heißgeliebte Eisbären-Kaffeetasse darauf, dass kurze Verkaufstexte gegen lange abstinken werden. (Und die Kaffeetasse würd ich für Nichts und Niemanden hergeben.)

Eine Sache muss ich dazu noch loswerden:

Am allerbesten gefällt mir, wenn Leute sagen: „Mach’n Video statt Text. Das reicht. Keiner liest mehr.”

Ohhh, Honey …

Erstens: Es gibt verschiedene Typen. Nicht jedermanns Medium #1 ist Video.

Zweitens: Was hat ein gutes, klares Video denn als Ursprung? Richtig. Text.

Drittens: Video und Text gehen Hand in Hand – und schließen sich nicht gegenseitig aus.

Videos sind super! Gerade wenn du dich selbst zeigst – das erzeugt Nähe und Vertrauen beim Interessenten.

Dennoch muss dein Video, dein Webinar oder dein Pitch perfekt gescriptet sein. Nur so überzeugst du mehr Menschen – weil deine Argumente, deine Sätze wohl gewählt sind. Und du deinen Zuschauer durch das Video führst, wie durch einen gut strukturierten Text.

Okay, puuuhhh … Reicht jetzt auch zu dem Thema.

Hab ich mich in Rage geschrieben? Das darfst du gerne beurteilen. 😛

Ich hoffe nur, du betrachtest die “Lange vs. kurze Ads/Mails/Landing Pages”-Debatte ein bisschen in neuem Licht. Und lässt dir auf keinen Fall von irgendwem aufschwatzen, was “immer überall” besser funktioniert.

Nichts funktioniert immer überall. Alles muss neu und individuell getestet werden.
(„Aber hat er vorhin nicht gesagt, lange Texte funktionieren bei hochpreisigen Produkten IMMER besser?” … Pscht. Der Artikel ist zu Ende … Ist gut jetzt …)

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